PaulWetz gehört ohne Zweifel zu den spannendsten deutschsprachigen Acts. Wie keiner sonst verbindet der Newcomer seine Singer-Songwriter-Skills mit elektronischen Einflüssen und Entertainer-Qualitäten zu einem melancholisch-melodischen Vibe, der in charmanter Weise seinesgleichen sucht.
Geboren wird PaulWetz in Pforzheim. Als Nachzügler mit zwei älteren Schwestern, wird er in den frühen 2000ern mit Dauerbeschallung durch MTVIVA groß. Erst Schlümpfe, dann Emo-Punk und schließlich die Red Hot Chili Peppers – und die hauen bei dem gerade mal Achtjährigen eine Sicherung durch.
Er bastelt sich Gitarren aus Sperrholz, sammelt und durchforstet die Kataloge von Musikversandhäusern und interessiert sich nicht nur für den Sound, sondern auch jede Saite und jede Schraube hinter den Instrumenten. Solange, bis irgendwann eine echte Klampfe aus der selbstgebastelten Variante wird. Paul liebt Nirvana statt Noten und schreit sich zu eigenen Songs die Seele aus dem Leib. Erst allein, dann mit Band.
Zwischen akuter Langeweile und depressiven Schüben entstehen am vom Konfirmationsgeld finanzierten Mac mit GarageBand erste Beats und Remixe, die ihren Weg auf SoundCloud und von dort bis nach Schweden finden. Es folgen ein erster Deal, erste Studiosessions und erste Touren in Skandinavien. Schließlich verschenkt Paul seine Möbel und zieht nach Schweden. Aber was von außen nach der Erfüllung des großen Traums aussieht, fühlt sich für Paul doch mehr wie ein täglicher Überlebenskampf an.
Aus PaulWetz wird kein erfolgreicher Musiker, sondern erstmal Jürgen Schneider in der Servicehotline eines Callcenters. „Weil es den Job leichter gemacht hat, bin ich immer mal wieder in unterschiedlichen Rollen ans Telefon gegangen.“ Paul eignet sich nach und nach immer mehr Charaktere an. Wieder zurück in Deutschland, beginnt er seine Entertainer-Qualitäten in kurze Songs und Clips einzuarbeiten, die er täglich ins Internet lädt. Parallel dazu arbeitet er als Songwriter und Produzent an Songs von und mit Milky Chance, Sena Şener und Evaporate.
Und plötzlich gucken alle hin. Aus den kurzen Clips werden ganze Songs. „Einfach meine Gedanke und meine Sprache – ungeschönt und direkt aus meinem Kopf“, erklärt Paul, der sein Songwriting mit alternativer, melancholischer Pop-Musik mit elektronischen Einflüssen verbindet.
Zum Beispiel auf seiner neuen Single „Tanz In Deiner Wohnung“. In gerade mal drei Minuten rast der Singer, Songwriter und Producer mit dem Song im nonchalanten Schnelldurchlauf durch anderthalb Jahrzehnte deutschsprachige Indie-History und macht daraus im Handumdrehen bittersüßen Softpop von melodischer Melancholia: Smoothe Synths, verspielte E-Bässe und lässige Drums, zu denen PaulWetz in Richtung Refrain gekonnt auf Vocoder-Vocals switcht und pointiert und poetisch zugleich von einem ganz besonderen Moment singt.
„Ende letzten Jahres ist meine Tante, zu der ich ein sehr gutes Verhältnis hatte, recht plötzlich verstorben. Nach ihrem Tod sind meine Mutter, meine Schwester und ich nochmal in der Wohnung von ihr gewesen, haben uns gegenseitig die schönsten Erinnerungen an sie erzählt, auch eine Playlist mit ihren liebsten Liedern mitgebracht und begonnen, dazu zu tanzen. Wir haben gelacht und geweint, das war ein total absurder, aber auch schöner Moment“, erinnert sich PaulWetz. „Der Tod meiner Tante hat für mich alles nochmal in eine neue Perspektive gerückt. Wenn ein Mensch geht, wird alles, was man vorher viel zu ernst genommen hat, von jetzt auf gleich scheißegal und man merkt: Hier spielt die Musik.“ Im wahrsten Sinne des Wortes.