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Sharaktah

Sonntag, 16. Juni
TofT Stage, 17:30 H

“Buddy, you’re a young man, hard man Shouting in the street, gonna take on the world someday.

 

Freitagabend, im Backstage eines kleinen Clubs in Berlin-Neukölln. Obwohl der Laden erst vor kurzem eröffnet hat, sind die Wände des winzigen Raums schon voller Tags und Sticker. Der Kühlschrank gibt sich größte Mühe, das Bier gegen die Umgebungswärme zu schützen und summt ohrenbetäubend. Aber diese Geräuschkulisse ist noch nichts gegen das Dröhnen aus dem Zuschauerraum, der bald aus alles Nähten platzt. Der kleine Club ist gefüllt bis auf den letzten Platz und alle sind gekommen, um sein erstes Release zu feiern, sein erstes eigenes Konzert. Doch Sharaktah hat den Kopf in den Nacken gelegt und schaut aus halbgeschlossenen Augen auf die Tags und Sticker, die vor seinen Augen verschwimmen.

Und dann ist er wieder in dem kleinen Dorf in Schleswig-Holstein, der Aussenseiter mit der schrägen Leidenschaft: Denn er verpasst das Fußballtraining, sagt die Party in der Dorfdisco ab, um sich die Nächte mit einer abgegriffenen Gitarre und einem Keyboard um die Ohren zu schlagen. Sie zischen ihm „Freak“ hinterher, verdrehen die Augen, wenn er ihnen entgegenkommt, aber er grinst nur, trägt die Beleidigungen stolz wie einen Orden. Denn er spürt, ganz tief in seiner Brust, dass er es hier raus schaffen wird, weg aus den engen Wertvorstellungen des Dorfs. Und dass er mit seiner Musik den Outsidern und Freaks Hoffnung spenden wird, den Rebellinnen und Unangepassten, die es an jedem Ort gibt. Seine Musik. Diese einzigartige Mischung aus zeitgenössischen Rap-Sound und einer verzerrten Rock-Ästhetik, modern und gleichzeitig unendlich präzise produziert, mit Herzblut und zerrissener Seele. Zusammen mit seiner rauen Stimme und Texten über sein Aufwachsen in der Provinz, über Krisen und zerbrochene Beziehungen entsteht ein Sound, der seiner Generation, den Teenagern und Twenty-Somethings aus der Seele spricht. Features mit Clueso und Edo Saiya folgen und Sharaktahs Botschaft erreicht ein immer größeres Publikum, „Du musst den anderen nicht gefallen! Du bist okay, wie du bist!“

Die Sticker und Tags werden wieder schärfer, der Stagemananger nickt ihn an, es geht los! Sharaktah richtet sich auf, zieht sein Shirt gerade, atmet tief ein und tritt dann durch die kleine Tür hinaus auf die Bühne. Die Scheinwerfer blenden und wärmen, das Johlen und der Applaus donnert durch die kleine Venue. Sharaktah öffnet die Augen, sieht das junge Mädchen, dass sich trotzig dem Mobbing ihrer Klassenkameraden widersetzt, dass in kein falsches Schönheitsideal gepresst werden will. Sieht den Jungen mit den schlecht gestochenen Tattoos und dem androgynen Look, der auf seinem Brandenburger Dorf von Los Angeles träumt. Diese Menschen kennen sich nicht und doch sind sie sich für eine Nacht so nah und verbunden. Sie singen seine Texte nicht nach, nein, sie singen sie gemeinsam, Balladen für Outsider, für all die Kleinstadt-Freddie Mercurys und -Madonnas, für alle, die seine Haltung verinnerlicht haben. Diese Konzerte sind keine Gigs, keine Showcases für gelangweilte Industriemenschen. Es sind Abende, an denen sich Movements gründen. Kleine Zellen, die Songs in die warme Nacht schreien und beseelt nach Hause kommen. Und endlich Zuversicht spüren:

„Ich bin zwar ein Außenseiter. Aber ich bin nicht Allein!“

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